Holzfällers Werkzeug, 2008
Acryl Spachtel Styropor div. Mat., 98x27x4cm
nach Ferdinand Hodler, Der Holzfäller, 1910
Galerie Ferenbalm-Gurbrü Station, Karlsruhe
26. Februar 2010 bis 3. April 2010,
Christian Duss erarbeitet seine Objekte und Figuren aus der Kunstgeschichte des Abendlandes und deren großen Vorbildern, wenn er aus den Werken alter Meister Requisiten und zentrale, bekannte Kompositionselemente für sich herausgreift und als dreidimensionale Werke kopiert. Er nutzt mit Humor die Vorlagen von Jan van Eyk, Hieronymus Bosch, Jan Vermeer und Ferdinand Hodler, aber auch jüngerer KünstlerInnen wie Loretta Lux, um daraus die offenbar unscheinbaren Gegenstände wie ein Wagenrad, Fensterläden, eine Trommel oder berühmte absonderliche Figuren nachzubilden. Das Zentrum der Ausstellung bildet deshalb auch die Figur des Grillierers, eine Aneignung nach Hieronymus Bosch’ „Jüngstem Gericht“, die vielleicht in Lebensgröße im White Cube sitzt und aus dem Jenseits spätmittelalterlicher Höllenfiktion entsprungen scheint.
Alle diese Aneignungen sind täuschend echt und zelebrieren die Kunst des Fake, wobei Duss mit großer Kunstfertigkeit aus einfachen Grundstoffen wie Polystyrol, Karton, Gips oder Papier und Farbe dem Imitat den Anschein des Authentischen verleiht. Die Kunstwerke von Christian Duss sind Zeitreisen auf der Bühne der Malerei, bei der er aus den Tafelgemälden die Gegenstände befreit und vom Kontext separiert – dabei aber die historische Merkwürdigkeit ihrer Darstellungsformen in die Gegenwart mitnimmt. Mit dieser Werkgruppe arbeitet der Künstler als „Designarchäologe“, der die Kulissen der historischen Meisterwerke untersucht und deren täuschend echt kopierte Details als „Aneignungsstücke“ in die Autonomie führt.
In einer zweiten Werkgruppe befasst sich Duss mit bekannten, aber nicht alltäglichen Gegenständen, von deren Archetyp er Modelle fertigt. Ein Megafon zum Beispiel, dessen künstliche Patina den ursprünglichen Glanz der Signalfarben Rot und Weiß leicht bedeckt, liegt ganz unscheinbar vor dem Betrachter. Es sieht auf den ersten Blick genauso aus, wie eines der unzähligen Megafone, dass bei Demonstrationen oder im Notfall genutzt wird, sein Design verwehrt sich aber jedem Pragmatismus. Weder Funktionselemente noch Markenzeichen sind auszumachen. Dennoch wirkt das Gerät täuschend echt.
Christian Duss’ handwerkliche Perfektion und die irritierende Gegenständlichkeit seiner Werke sind Kennzeichen einer Kunst, welche die klassische Form nutzt, um das Wahrhaftige der Substanz abzubilden. Duss stellt jedoch die Authentizität von Material und Form in Frage. Im Moment des Widererkennens des Kunstwerkes stellen sich Zweifel ein, die einen genauen Blick fordern. Die Aura des noli me tangere des Artefakts wirft den Blick des Betrachters immer wieder auf diesen zurück und erlaubt keine haptische Prüfung des Materials. Die Echtheit des Fake lässt ein unruhiges Begehren zurück und die phänomenologische Überlegung, wie das Objekt wohl in Wahrheit gemacht sein könnte.
Sebastian Baden
Christian Duss (*1971) lebt und arbeitet in Luzern, Studium an der HGK Luzern und am Edinburgh College of Art. Ausstellungen in der Kunsthalle Luzern (2009), Kunstmuseum Luzern (2008), Swiss Art Awards Basel (2000/2009), Alpineum Produzentengalerie Luzern (2008)